Glückliche Menschen küssen auch im Regen by Martin-Lugand Agnès

Glückliche Menschen küssen auch im Regen by Martin-Lugand Agnès

Autor:Martin-Lugand, Agnès
Die sprache: deu, deu
Format: epub
Herausgeber: Blanvalet
veröffentlicht: 2014-10-12T16:00:00+00:00


6

Bei der kleinsten Bewegung im Bett schmerzte der Kopf. Meine Augen brannten, ich hatte einen üblen Geschmack im Mund und Gliederschmerzen. Noch bevor ich einen Fuß auf den Boden setzte, wusste ich, dass dieser Tag endlos sein würde. Das hatte ich davon, wie verrückt zu feiern. Ich zog die Vorhänge auf, um wacher zu werden. Wem gehörte der Wagen, der unten vor meinem Haus stand? Ich spürte, dass mir ein überaus wichtiges Detail fehlte, was den Vorabend anging. Die erste Koffeindosis des Tages würde mir den Durchblick verschaffen. Jede Treppenstufe Richtung Küche stachelte das Kopfweh an. Auf meinem Sofa lag jemand. Der Nebel lichtete sich.

Félix.

Ein Arm und ein Fuß hingen bis zum Boden. Er war noch angezogen und schnarchte wie ein Lastwagen. Sein Gesicht war nicht zu sehen.

»Wach auf.« Ich rüttelte an ihm.

»Sei still, ich will schlafen.«

»Wie geht’s dir? Fühlst du dich gut?«

»Ich hab das Gefühl, ich bin unter eine Dampfwalze gekommen.«

Er setzte sich auf, mit gesenktem Kopf, und massierte sich den kahlen Schädel.

»Félix, sieh mich an.«

Er hob das Gesicht. Eine Braue war aufgeplatzt, und er hatte ein wunderschönes Veilchen. Er ließ sich aufs Sofa zurücksinken und hielt sich stöhnend die Rippen. Ich schob sein T-Shirt hoch und sah den enormen blauen Fleck, der sich auf seiner Haut abzeichnete.

»O Gott, was hat er dir angetan?«

Félix sprang vom Sofa auf und rannte vor den nächsten Spiegel.

»Nicht so schlimm, ich sehe noch gut aus.«

Er berührte sein Gesicht, ließ die Muskeln spielen und lächelte seinem Spiegelbild zu.

»Ich kann mich noch zeigen, wenn ich wieder in Paris bin.«

»Da gibt es nichts zu lachen, der Kerl ist gefährlich. Du hast noch Glück gehabt.«

Er tat meine Worte mit einer Handbewegung ab und ließ sich, nicht ohne eine Grimasse des Schmerzes, wieder auf das Sofa fallen. Diesem Idioten tat alles weh.

»Wenn du das nächste Mal ins Exil gehen musst, dann bitte zu den Pygmäen! Scheiße aber auch, dieser Kerl ist wirklich Ire. Der hat auf einem Rugbyfeld laufen gelernt. Als er mich zu Boden drückte, war mir, als würde ich beim Six Nations mitspielen …«

»Du hast also, grob gesagt, einen Heidenspaß gehabt bei der Rauferei mit diesem Verrückten.«

»Ich schwör’s dir, ich war auf dem Spielfeld, und die Menge tobte.«

»Und du warst der ovale Ball. Das ist ja alles schön und gut, aber hast du ihm eine verpassen können?«

»Ich hatte Hemmungen, ich wollte sein hübsches Gesicht nicht lädieren.«

»Du verscheißerst mich!«

»Ja und nein. Aber keine Sorge, ich habe deine Ehre verteidigt. Ich hab ihm einen guten linken Haken verpasst, der wird noch ein Weilchen warten müssen bis zum nächsten Zungenkuss.«

»Wirklich?«

»Das Blut floss in Strömen, und seine Lippe ist doppelt so dick wie vorher. Give me five!« Er hielt mit gespreizten Fingern die Hand hoch.

Ich führte einen Freudentanz auf.

Ich lachte noch unter der Dusche über Félix’ Heldentaten. Während des Frühstücks hatte er ununterbrochen geredet. Er erzählte mir, was in Paris so los war und wie der Auszug aus meiner Wohnung vonstattengegangen war. Meine und Colins Eltern hatten sich von unseren Sachen genommen, was sie brauchen konnten, es war nichts übrig geblieben.



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